Sonntag, 3. Juni 2007
Remember
Frau Klugscheisser inspirierte mich noch ganz spontan, ebenfalls einen Blick in meine Vergangenheit zu wagen, der insofern noch sehr frisch ist, da ich ihn regelmässig zu meinem Geburtstag wage...

Als in den letzten17jährigen Lebensmonaten befindlicher Teenager zog es meine Familie vom „Exil“ in Dresden wieder zurück in meine alte Heimat Berlin, ein Umzug, mit dem ich sehr viele Hoffnungen in meine Zukunft verband. 1991 und somit Jahr 1 nach dem grossen politischen Knall war schliesslich ein aufregendes Jahr für einen Teenie wie mich.
Im April stand der erste Tag an meiner neuen Berufsschule vor der Tür und mit gewisser Aufregung beschritt ich meine neuen Wege, die kurz vorm Klassenzimmer von der beherzte Frage eines verdammt süssen Mädels gekreuzt wurden: „Hallo, du musst der Neue sein“ Garniert mit einem strahlenden Lächeln wusste ich irgendwie schon, dass wird deine Zeit hier werden und so kam es dann auch.
Kurz darauf stand mein 18. Geburtstag vor der Tür und hormonell vollgepumpt wusste ich plötzlich nicht mehr, sollte ich die Kleine vom ersten Tag weiterhin süss finden oder doch die etwas sprödere, dunkelhaarige Schönheit? Um mir Klarheit zu verschaffen, lud ich einfach beide zum Feiern ein und oh Wunder, ich bekam eine doppelte Zusage!! Im Vorfeld träumte ich dann immer davon, wie der Tag so verlaufen könnte und was soll ich sagen, er wurde in vielen Details von der Wirklichkeit sogar noch übertroffen. Es war ein perfekter Tag, der seine Krönung am frühen Abend fand.
Die dunkelhaarige Schönheit hatte sich bereits verabschiedet, wohl wissend oder abgesprochen, wie der Abend enden soll, als ich mit dem Mädel, der Frau von der ersten Stunde allein aufm S-Bahnsteig sass und auf die Bahn wartete und dabei wie zufällig ihr Kopf gegen meine Schulter und ihre Hand auf mein Knie fiel. Jenny hiess meine Göttin der ersten Gefühle und aus ihrem Mund vernahm ich während dieser Szene die schönste Lüge meines Lebens: „Du J., meine letzte Bahn ist schon weg, kann ich vielleicht bei dir schlafen?“ Es war gerade 21:30 und mit guten Willem hätte sie es locker zu sich nach Hause und wieder zurück zu mir geschafft, was mir aber völlig egal war und ganz Gentleman ihr mein Bett anbot.
Im wahrsten Sinne des Wortes, denn ich bettete mich mehr schlecht als recht auf dem Fussboden bis zu der Minute, wo Jenny ihre Hand nach unten glitt und ich beim ergreifen förmlich die Funken sprühen sah. Somit rettete sie mich aus meiner unbequemen Lage in mein viel zu kleines Bett, deren Enge uns in dieser Nacht aber in keiner Minute stören würde...

Somit habe ich jedes Jahr diese Erinnerung im Herzen, bin aber im Gegensatz zu Frau Klugscheisser ihrer Geschichte sehr froh, dass sich die Wege von Jenny und mir viel früher wieder trennten und diese Erinnerung nicht mehr mit der Realität standhalten muss.

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Samstag, 19. Mai 2007
MorgenGrauen
Meine Mädels weilen derzeit zwecks Betreuung einer Jugendgruppe an der Ostsee und Miss L hatte mich zur Abreise gebeten, in der Zwischenzeit sozusagen Blogwache zu halten. Und das von ihr grosszügig eingeräumte Recht, ein eigenes Kapitel in ihrem Blog nutzen zu dürfen, nehme ich somit auch in wieder in Anspruch und klage das Leid vieler Schichtarbeiter. Weckerklingeln morgens gegen vier Uhr, in der verschärften Form auf einen Sonnabend oder Sonntag fallend. Wochenende halt. Es gibt kaum etwas, was ich schlimmer finde, okay, mal von einer mehrstündigen Wurzelbehandlung mit nachlassender Wirkung der Betäubungsspritze abgesehen. Aber die würde ich auch nicht auf einen Termin legen, zu dem ich um 4 aufstehen müsste.
Heute Morgen kam das Grauen pünktlich um 04:00 in mein Gehirn geschlichen und schaltete meinen Schlaf aus. War insofern doppelt ärgerlich, da ich gerade im Traum dabei war, in einem alten Hochhaus im Baustil der 60iger Jahre angstvoll die Treppe hinaufzurennen. Hatte wohl Höhenangst oder sonst was gefiel mir an der Bude nicht, keine Ahnung. Ich konnte das Rätsel nicht mehr lösen und dabei mag ich es nicht, etwas geträumt zu haben, mich daran noch zu erinnern, aber den Sinn überhaupt nicht zu verstehen. So schon unbefriedigt entstieg ich dem verführerisch warm-kuscheligen Bett, fragte meinen Funkwecker (!!), warum er meinte, mir eine Uhrzeit von 00:07 anzeigen zu müssen. Wenn es denn stimmen würde, könnt ich wieder zurück ins Bett und weiter in dem Hochhaus die Treppe hoch rennen, so musste ich wohl oder übel die Erkenntnis gewinnen, dass der Sonnenstand Mitte Mai morgens schon erste zaghafte Lichtstrahlen gen Erde warf. Tröstete mich nicht wirklich.

Eine Leidensgenossin der fliegenden Zunft schrieb zu ihrem persönlichen Morgengrauen, dass sie um die Uhrzeit rein mechanisch funktioniert. Kann ich bestätigen, auch meine Gänge und Handgriffe sind minutiös geplant und werden streng abgearbeitet. Theoretisch könnte ich mir beim Anfertigen der Schichtbrote sogar noch 5 min Schlaf gönnen, wenn ich keine 2 linken Hände und ein damit nicht zu verachtendes In-den-Finger-schneid Potential hätte.

Erste Gehirnaktivitäten sind festzustellen, sobald ich mein Auto in Bewegung setzte. Schliesslich habe ich kein erhöhtes Interesse daran, eine menschliche Restgestalt, die als letzter Party und/oder Diskobesucher wankend nach Hause irrt, zu überfahren. Da interessierte es mich mehr, ob die junge Frau an der Strassenbahnhaltestelle, halbschlafend wie ich und ins Handy versunken eine SMS dem Mann schrieb, den ich ein paar hundert Meter weiter an einer roten Ampel wartend, ebenfalls ins Handy Display versunken, stehen sah. Morgen Schatz, auch noch müde? Bahn kommt hoffentlich gleich, Kuss, deine V. Warum sich später noch in der Bahn Guten Morgen sagen, wenn es Körperenergie sparender auf die stumme Variante geht?

Morgen noch einmal dieser Wahnsinn und dann ist wegen Urlaub vorläufig Schicht im Schacht. Zum nächsten Frühdienst schick ich Lotty. Ganz bestimmt. Möglicherweise. Vielleicht.

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Donnerstag, 17. Mai 2007
Ich feiere mich
Ich habe ein ziemlich ambivalentes Verhältnis zu Feiertagen.
Liegt einfach daran, dass das Stattfinden oder nicht Stattfinden andere für mich regeln, sprich mein Arbeitgeber. Ich habe schon so manchen Weihnachtsbraten verpasst, weil ich im Dienst der Kunden irgendwo in Deutschland unterwegs war oder so wie die letzten Jahre im Büro sass. Normales Leben für einen Schichti und ich kenn es auch nicht anders.

In den heutigen Tag fiel ich am frühen Morgen nach dem Ende meiner Nachtschicht, an dem mich noch ein lieber Gruss zu "meinem" Ehrentag via SMS von meiner Mam erreichte.
Da wurde mir wieder bewusst, dass ich diesen heutigen Feiertag, wo ich den arbeistfrei geniessen könnte, für mich unpassend finde.
Allgemein Vatertag genannt, schliesst er mich schon aus, da ich (leider noch) kein Vater bin, wenn man von Miss L einmal absieht. Darf, kann, sollte ich trotzdem feiern dürfen, können, müssen? Gibt ja noch die nette Umschreibung, dass es zugleich Männertag wäre und dem kann ich mich schwerlich entziehen, als Mann, rein biologisch betrachtet. Aber dann hab ich gleich wieder die Assoziation vor Augen, dass ich als Mann und Nichtvater laut gröllend mit Bier und Bollerwagen bewaffnet durch die Gegend ziehen müsste? Steht mir nicht, ganz ehrlich.

So bleibt mir der leicht sentimental angehauchte Rückblick, das männlich sein so wie ich es bin, auch keine schlechte Schiene ist. Meine Eltern sind glaub ganz stolz auf ihren Burschen, meine Schwester wird mich immer als ihren kleinen, beschützenswerten Bruder sehen, meine Freundin hält es auch ein paar Jahre schon mit mir aus und meine Freunde freuen sich auch nach mehr als einem Jahrzent des Kennens auf ein Wiedersehen.

Na also, darauf mache ich noch ein zweites Bier auf, gehe auf musikalische Zeitreise durch meine CD Sammlung und feiere eine Runde mit mir, mich selbst. Prost Jungs, Männers, Väter!

(überarbeitet, 19.05.07)

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Sonntag, 13. Mai 2007
Ungutes mit "V"
Ich bin verwandt.
Mit meiner Mam, meiner Schwester und meinem Dad.
Hinzukommen noch Tanten und Onkels, Cousinen und Cousens (ist das jetzt eigentlich richtig geschrieben? Wo ist mein Duden hin? Lotty!!!). Oma und Opa hab ich leider keine mehr.
Ich kann nicht behaupten, dass mich zu meiner Verwandschaft ein sehr inniges Verhältnis besitze, eher das absolute Gegenteil ist der Fall. Meine eigene Familie davon strikt ausgenommen, zum Glück, denn auch da kenn ich Fälle, wo sich das eigen Blut fremd geworden ist.

Schon seit meiner frühesten Kindheit begegnete ich meinen Verwandten mit Fremdheit, was zur Folge hatte, das gegenseitige Besuche eher Pflicht denn Freude waren. Irgendwie lebten und leben wir auf unterschiedlichen Planeten, deren Entfernung über die Jahre nur noch grösser geworden ist und darin resultierte, dass ich die Einladung zum 40. Geburtstag eine Cousine mit der Begründung des arbeitspflichtigen Sonntages absagte, obwohl ich den Tag frei hatte. Sich hinter dem Schichtdienst zu verstecken ist sicherlich nicht löblich, aber tröstlicher, als den wahren Grund anzugeben. Desinteresse.
Wohl fühlte ich mich dabei nicht wirklich, aber was soll ich bei einer Feier, wo mich kein Thema so interessieren würde, dass ich dazu eine ehrliche Meinung hätte?
Muss ich deswegen ein schlechtes Gewissen haben?

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Samstag, 5. Mai 2007
Eiskalt
Ist es schlimm, das, wenn man erfährt, dass die Teamleiterin aus der ehemaligen Abteilung in der Folge von Umstrukturierungen ihren Arbeitsplatz verliert und höchstwahrscheinlich keinen gleichwertigen Ersatz bekommen wird, man dabei kein schlechtes Gewissen bekommt? Das Teufelchen auf meiner linken Schulter schüttelt da ganz heftig das Köpfchen, während der Engel auf der rechten entsetzt dreinblickt und mich fragt, wie kannst du nur sooo gefühllos sein?
Oh das kann ich in diesem Falle sehr gut, kleiner Engel, denn die Frau war eine bösartige Hexe und nichts anderes.
Wer ratsuchenden Mitarbeitern immer Unfähigkeit als Erstes unterstellt und Zweitens in herablassender Art und Weise den "guten" Rat gibt, man solle sich gefälligst selbst helfen, hat auf dem Posten als Teamleiter überhaupt nichts zu suchen, aber so was von überhaupt nix! Nada! Njet!
Es war im Kreise meiner damaligen Kollegen das ewig ungelöste Rätsel geblieben, wie die Frau überhaupt auf diesen Stuhl gekommen war. Mit normalen Auswahlverfahren kann man das nicht erklären, da hätte die Tussi Frau mit Pauken und Trompeten durchrasseln müssen. Da war wohl eher eine Menge Vitamin B mit im Spiel gewesen, aber ich hoffe, dass die ihr nicht mehr nützen werden.
Das einzigste, was ich ihr noch zugestehen mag, (so ein Unmensch bin ich dann doch nicht) ist ein kleiner Sachbearbeiterposten mit 3 Lohngruppen weniger und Null Kontakt zu anderen Mitarbeitern.

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Sonntag, 22. April 2007
Schöner Sonntag
Zu lange mit V. beim Schichtwechsel gequatscht.
Ins Auto gehastet, Daumen weiss-der-Geier-woran aufgekratzt, blutet wie Schwein, schöner Mist.
Heimweg andere Strecke gewählt, um Sonntagsfahrern auszuweichen, weichen mit aus und stehen vor mir an einer Baustellenampel.
Kurz an der Tanke gehalten, Zigaretten holen, Schlange, ein Kassierer, kommt mit Kreditkarte nicht klar. 10 min 1 m weiter, 2 Volltussis uninteressante Mädels wollen auch mit Kreditkarte zahlen, Kassierer rollt mit den Augen, rolle entnervt ohne Ziggis raus zur anderen Tanke.
1 km vor Heimat meint Auto, ABS und ESP wären kaputt, Nebenstrasse Vollbremsung hingelegt, Bierkasten legt sich mit, Glas klirrt, Auto bremst. Ausgeschaltet und gestartet, nix kaputt, denke, Franzmann halt.
Oben angekommen, kein kaltes Bier im Kühlschrank, dafür warmgeschütteltes im Auto.

Prost Sonntag

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Donnerstag, 19. April 2007
Nerviges und Besseres
Nervraubend:
Hauptstrasse, ein Auto vor mir in einer Spur, gefühlte 49 km/h, ein weiteres Auto vor mir in der anderen Spur, gefühlte 48 km/h und ich WILL NUR NACH HAUSE!!! Rote Ampeln tun ihr übriges... wenn es nicht so arschkalt gewesen wäre, mit dem Fahrrad wäre ich ruhiger angekommen...

Und da hätte mich mein Freund vom letzten Frühling begrüsst. Freund Spatz, dem mein Fensterbrett am Schlafzimmer in der Morgensonne so gut gefällt, das er dass ausgiebig mit vielen Zwitscherliedern dokumentieren muss. Danke mein Freund, ich schlaf jetzt trotzdem und inzwischen kannst du den Balkon wieder sauber machen...

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Montag, 16. April 2007
SonnenNacht
Heute schreibt Papa:

Eigentlich wollte Miss L Euch mitteilen, wie wir so unser erstes Sonnenwochenende des Jahres verbracht haben, aber wie es manchmal im Leben so ist, in den schönsten Sonnenstunden liegt auch ein dunkler Schatten.

Meiner erreichte mich heute am späten Abend, als wir zu Hause nach fast 48 stündiger, wohltuender Onlinabstinenz den Rechner hochfuhren und ich wenig später die traurige Nachricht vom Tod einer lieben Verwandten erfahren habe.

Meine Tante war keine Tante im verwandschaftlichen Sinne sondern mehr eine gute und sehr liebe Freundin meiner Familie. Ich erinnere mich noch sehr gut an meine Besuche in Kinderschuhen bei ihr, wie ich mit grossen Augen ihren immer sehr lebendigen und mit leisen Humor gewürzten Geschichten lauschte. Als Teenie bot sie mir in den Ferien gerne ihr Heim als zu Hause, liess mich meine Abenteuer erleben und gab mir dazu immer das Gefühl, willkommen zu sein.

Später sahen wir uns leider seltener, was aber blieb, waren ihren Geschichte und meine aus tiefstem Herzen kommendende Anerkennung ihrer Lebensleistung. Sie hat nie an sich, nur an ihre Familie und Freunde gedacht und durfte heute, nach schwerer Krankheit, an einem strahlendem Sonnentag, ihr zu Ehre, ihre mehr als wohlverdiente Reise antreten und kann sich nun, wieder mit ihrem Mann vereint, sich ganz selbst widmen. Aber ich befürchte, ihrer Seele treu bleibend, wird sie sich um andere Engel im Himmel kümmern wollen.

Ich möchte mit diesen Zeilen ihrer gedenken und bin mir sicher, das Faible, schöne Geschichten zu erzählen, habe ich auch zu grossen Teilen von ihr.

Ruhe sanft und Danke für alles
Herzlichst
J.

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