Donnerstag, 15. November 2007
Lasst Fünfe bitte gerade sein!
Okay, der 11.11. ist schon ein paar Tage her, aber die an diesem Tag begonnene fünfte Jahreszeit dauert in ihrer Nutzlosigkeit eh noch bis Anfang Februar. Wobei man am Tage des schrecklichen Anfangs nicht unerwähnt liess, dass es diesmal „nur“ 87 Tage sind, wo der bestellte Frohsinn, auch Fasching genannt, einen bestimmten Teil der Bewohner des deutschen Landes befällt. Abzüglich der drei Weihnachtsfeiertage, wo kitschige Clownsmasken genauso deplaziert wirken wie dralle Frauen in zu kurzen und viel zu bunten Röcken, aber dafür gibt's ja noch die roten Mäntel mit Watterauschebärten als Ersatzverkleidung, na was für ein Glück!

Man mag dieser unechten Jahreszeit zu Gute halten, dass ihre Präsens eh nur zum Ende hin tödlich auf den Nerv des Gewohnheitsbürgers wirken kann, dann aber mit voller Kraft aus allen Spasskanonen. Da ist sich dann nicht mal das deutsche Fernsehen mit Zwangskassierung und angeschlossenem „Bildungsauftrag“ zu schade, noch ferner als sonst an jeglichem Interesse vorbei die Restrepublik mit ewig gefühlten, dauernden Karnevalssitzungen zu unterhalten. In denen krampfhaft der Fröhlichkeit verfallene Menschen auch ohne Zungen lahmenden Einfluss von Alkohol völlig sinnfreie Reden in Versform unter die Meute rufen. Tuschiert von eine Kapelle, die mangels Notenkenntnis eh nur vier Töne rauf und runter spielen kann. Ja das ist lustig, so lustig, das sich dabei mein Zwerchfell regelmässig verkrampft oder waren es doch meine Augen, die vor Tränen des Mitleids ob der Blödheit nicht mehr klar sehen können?

Zum Glück wohnen wir in Berlin, wo Humor aus der tiefsinnigen Frage des Busfahrers resultiert, der beim Wechselwunsch eines 20 Euroscheines für eine 2,10 Fahrkarte blitzgescheit fragt, ob ma det nich grösser hamm?Ja da muss man ein bischen mitdenken, um den Witz zu verstehen, liebe Rheinländer!
Da hilft auch nicht euer Zwangsexport des kostümierten Wahnsinns. Denn der Berliner, eh skeptisch allem Neuen gegenüber, diskutiert lieber darüber, ob Karamelbonbons wirklich gute Flugeigenschaften besitzen oder doch eher der Zahnarztvereinigung dienen (Damit se unsre sauer verdiente Kohle aus der Jacke ziehen können, wa). Ansonsten lässt er den Spassdödel gewähren und hält den Rest ausserhalb seines Grossstadtdorfes eh für ziemlich meschuke. Solln se mal machen, solang se nich meenen Jarten mit dem Karamescheiss zu schmeissen.

Den Widersinn komplett macht eigentlich die kalenderisch rechtmässig amtierende Jahreszeit. Mitten im Winter alberne Strassenfeste feiern, kann auch nur dem Deutschen einfallen. Das haben unsere Brüdern und Schwestern im fernen und auf der sommerlichen Südhalbkugel befindlichen Brasilien wesentlich besser gelöst. Mitten im Sommer schicken sie auch nur ihre schönsten Mädchen auf die Feierpromenade und nicht die etwas korpulente Erna aus der Kölchen Eckkneipe in ihrem Funkenmariechenkostüm. Ausserdem kann die brasilianische Kapelle auch Musik mit Rhythmus spielen.

Das sind mit meine Gründe, warum ich Wärme liebendes Wesen im Winter gern in den Tiefschlaf verfallen würde aber Papa lässt mich ja leider nicht. Dann feiere ich eben nächstes Jahr in Brasilien mit Karneval während ihr den schon reichlich vorhandenen Schnee schippen könnt....

Miss L

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Mittwoch, 7. November 2007
Bruce Allnervig
Papa und mich zieht es eher selten vor die Flimmerkiste. Das liegt unter anderem daran, das wir den permanent erhöhten Grad der Volksverblödung nicht folgen wollen und uns von solch wissensbringenden Sendungen wie der Superstarsuche, Volksmusikantenheileweltberieselung und Top-das-Spargeldürre-Model-Kürung gerne fernhalten.

Bei letzterer Sendung war der irrtümliche Star nicht Miss Heidi, die sowieso omnipräsent durch alle Kanäle schwirrt, sondern ein gewisser Bruce Darnell, der sich persönlich wohl für das grösste Supermodell der Welt hält. Meinetwegen, jedem seinen Grössenwahn, sofern er mich damit nicht belästigt.

Tut er aber, seitdem er den von bisher niemand gekannten Telefontarifanbieter F*nic bewerben darf. Und das bei mindestens jedem zweiten Werbeblock, den wir ertragen müssen. Dabei gerate ich regelmässig in ein Gewissensdilema, denn mein sehnlichster Wunsch, diese Lästigkeit von Mensch in den Orbit der TV Sünden zu schicken, verletzt gleich mehrere Minderheiten und als Antisemit möchte ich nun wirklich nicht gelten, schliesslich heisse ich nicht Eva H. Aber allen Schwarzen, Schwulen und Mein-Deutsch-ist-nicht-so-gut-Ausländern ist mit dieser Kreatur ein denkbar schlechtes Vorbild gegeben worden.

Stellt sich nur noch die Frage, warum sich eine junge, kreative, hippe Firma solch eine Werbefigur ans Bein binden muss? Wahrscheinlich aus dem Grunde, das Scheisse eh immer stinkt und genug Fliegen anzieht, die den Rotz noch fressen, ergo kaufen werden. Ich sag doch, TV verblödet und damit kommt man sogar noch ins Fernsehen... Gute Nacht!

Miss L

P.S. Für den Link entschuldige ich mich im Voraus, aber es soll ja Leute geben, die gar kein TV sehen.

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Freitag, 2. November 2007
Alter Mann
Papa ist ein grosser Fussballfreund. Nicht das er das Heckfenster unseres Automobils mit Utensilien seines Lieblingsvereins verunstaltet, nein das nicht, aber er trägt schon gern sein Original DFB Trikot spazieren oder das Shirt mit dem Aufdruck „Fussballfan“, es könnte auch noch ein Podolski Shirt aus einer Werbekampagne sein. Fussball erlebt wird oft vorm heimigen Fernsehgerät oder direkt vom Balkon aus, wenn auf dem Platz vor unserem Haus ein Amateurspiel ausgetragen wird. Was leider oft dem Niveau der Spielklasse (9.Liga) entspricht. Selbst tritt Papa eher selten gegen das Leder, ich kann auch sagen, nie. Letzte Woche gab es aber eine Ausnahme.

Seine Abteilung in der Firma wurde von einer anderen, mit im Grossraumbüro sitzenden, zu einem Fußballmatch herausgefordert. Papas Abteilung nahm die Herausforderung gerne an und obwohl personell wesentlich schwächer besetzt, war der Motiviationsgrad so hoch, das seine Jungs 2 Mann mehr aufs Feld brachten als die personell wesentlich grösseren Gegner. Was sich später noch als Vorteil zeigte.

Meine Herzlichkeit musste mitreisen und wurde zur Erbauung von Papas Kollegen beschmunzelt und als offizielles Maskottchen betitelt. Naja, es gab schon schlimmere Momente in meinem Leben, so durfte ich aber live erleben, wie sich Papa auf der linken defensiven Seite sprichwörtlich die Lunge aus dem Leib rannte. Fast 1000 km auf dem Fahrrad ersetzten keine Kondition, die er als Raucher eh nicht hat. Somit kam die Geheimwaffe von Papas Abteilung zum Einsatz, nämlich die Auswechslung der Luft lahmenden Spieler. Eine Option die der Gegner mangels Mitspieler nicht hatte.

Das Spiel war auf einem ordentlichen Niveau für Freizeitkicker, unser Sturm versiebte zwar 3 Grosschancen innerhalb einer Minute, was aber den leider respektablen Leistungen des gegnerischen Torwartes geschuldet war. Papa stellte links Reporterkommentar freundlich „die Räume zu“, liess aber erfolgreiche Angriffe in des Gegners Hälfte vermissen. Zum Ende der Partie liessen beim Gegner die Kräfte rapide nach, manch einer hatte nur noch den Aktionsradius eines Bierdeckels, so dass wir mit einem siegreichen 3:2 die Partie für uns entschieden. Dafür durften uns die anderen noch zu einem Bier einladen und ich mich von allen kräftig drücken lassen.

Allerdings musste Papa den Sieg seiner Mannschaft nachträglich teuer erkaufen. Auf der Heimfahrt geriet er an einer alt bekannten Stelle in den Strahl einer Laserpistole, weil er zu sportlich eine Fahrschule überholt hatte und dem Senat von Berlin dafür eine kleine Geldspende überreichen darf. Den nächsten Morgen kam er dann nicht mehr aus dem Bett, weil sich seine Oberschenkel aufgrund der ungewohnten Belastung zur Erholung eine Muskelmietze einluden und Papa zu einem alterswürdigen, schlurfenden Gang inclusive stöhnender Erhebungsvorgängen von diversen Sitzgelegenheiten verleiteten. Das ging noch das ganze Wochenende so, bis wir am Sonntagnachmittag wieder die vertraute Seite des Fussballplatzes einnahmen und von unserer Balkontribüne ein 7:2 unseres Kiezklubs feiern konnten. Aber da spielen ja auch keine alten Männer...

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