Freitag, 2. November 2007
Alter Mann
Papa ist ein grosser Fussballfreund. Nicht das er das Heckfenster unseres Automobils mit Utensilien seines Lieblingsvereins verunstaltet, nein das nicht, aber er trägt schon gern sein Original DFB Trikot spazieren oder das Shirt mit dem Aufdruck „Fussballfan“, es könnte auch noch ein Podolski Shirt aus einer Werbekampagne sein. Fussball erlebt wird oft vorm heimigen Fernsehgerät oder direkt vom Balkon aus, wenn auf dem Platz vor unserem Haus ein Amateurspiel ausgetragen wird. Was leider oft dem Niveau der Spielklasse (9.Liga) entspricht. Selbst tritt Papa eher selten gegen das Leder, ich kann auch sagen, nie. Letzte Woche gab es aber eine Ausnahme.

Seine Abteilung in der Firma wurde von einer anderen, mit im Grossraumbüro sitzenden, zu einem Fußballmatch herausgefordert. Papas Abteilung nahm die Herausforderung gerne an und obwohl personell wesentlich schwächer besetzt, war der Motiviationsgrad so hoch, das seine Jungs 2 Mann mehr aufs Feld brachten als die personell wesentlich grösseren Gegner. Was sich später noch als Vorteil zeigte.

Meine Herzlichkeit musste mitreisen und wurde zur Erbauung von Papas Kollegen beschmunzelt und als offizielles Maskottchen betitelt. Naja, es gab schon schlimmere Momente in meinem Leben, so durfte ich aber live erleben, wie sich Papa auf der linken defensiven Seite sprichwörtlich die Lunge aus dem Leib rannte. Fast 1000 km auf dem Fahrrad ersetzten keine Kondition, die er als Raucher eh nicht hat. Somit kam die Geheimwaffe von Papas Abteilung zum Einsatz, nämlich die Auswechslung der Luft lahmenden Spieler. Eine Option die der Gegner mangels Mitspieler nicht hatte.

Das Spiel war auf einem ordentlichen Niveau für Freizeitkicker, unser Sturm versiebte zwar 3 Grosschancen innerhalb einer Minute, was aber den leider respektablen Leistungen des gegnerischen Torwartes geschuldet war. Papa stellte links Reporterkommentar freundlich „die Räume zu“, liess aber erfolgreiche Angriffe in des Gegners Hälfte vermissen. Zum Ende der Partie liessen beim Gegner die Kräfte rapide nach, manch einer hatte nur noch den Aktionsradius eines Bierdeckels, so dass wir mit einem siegreichen 3:2 die Partie für uns entschieden. Dafür durften uns die anderen noch zu einem Bier einladen und ich mich von allen kräftig drücken lassen.

Allerdings musste Papa den Sieg seiner Mannschaft nachträglich teuer erkaufen. Auf der Heimfahrt geriet er an einer alt bekannten Stelle in den Strahl einer Laserpistole, weil er zu sportlich eine Fahrschule überholt hatte und dem Senat von Berlin dafür eine kleine Geldspende überreichen darf. Den nächsten Morgen kam er dann nicht mehr aus dem Bett, weil sich seine Oberschenkel aufgrund der ungewohnten Belastung zur Erholung eine Muskelmietze einluden und Papa zu einem alterswürdigen, schlurfenden Gang inclusive stöhnender Erhebungsvorgängen von diversen Sitzgelegenheiten verleiteten. Das ging noch das ganze Wochenende so, bis wir am Sonntagnachmittag wieder die vertraute Seite des Fussballplatzes einnahmen und von unserer Balkontribüne ein 7:2 unseres Kiezklubs feiern konnten. Aber da spielen ja auch keine alten Männer...

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